Höchste Lebensqualität

Uruguay wirkt in Lateinamerika wie eine Insel der Glückseligen: Es ist das erste Land Lateinamerikas mit 5G-Mobilfunkstandard (und damit weiter als Deutschland), der Strom kommt zu großen Teilen aus Wind- und Wasserkraft, im Korruptionsindex von Transparency International landete es 2018 nur knapp hinter den USA. Das könnte auch am Mitte-Links-Bündnis liegen, das Uruguay seit 2005 regiert. Es setzte die gleichgeschlechtliche Ehe und eine moderne Trans-Gesetzgebung durch, legalisierte Abtreibung und Marihuana und drängte die Armee dazu, bei der Aufklärung der Verbrechen der Militärdiktatur zu helfen.

Das kleinste spanischsprachige Land Südamerikas ist zugleich einer der europäischsten Staaten des Kontinents. Nirgendwo sonst hat sich das kulturelle und soziale Erbe der spanischen Kolonialzeit derart durchgesetzt wie in dem rund dreieinhalb Millionen Einwohner zählenden Staat im Norden des Rio de la Plata. Nachdem das Land 1825 unabhängig geworden war, siedelten sich vor allem italienische, aber auch deutschsprachige Einwanderer in Uruguay an. Hauptziel dieser Migrationsbewegungen waren die ausgedehnten Weideflächen des Landes, auf denen schon die spanischen Kolonialherren große Pferde- und Rinderherden aufgebaut hatten. Bis heute stehen Landwirtschaft und Viehzucht für den wichtigsten uruguayischen Wirtschaftszweig.

Uruguay ist einer der ersten Wohlfahrtsstaaten Südamerikas, ein dicht ausgebauter bürokratischer Sozialstaat nach europäischem Vorbild mit traditionell hohem Anspruchsniveau, der zwischenzeitlich an seiner Bürokratie und Schwerfälligkeit litt. In jüngster Zeit haben sich jedoch die Rahmendaten deutlich verbessert: Die Arbeitslosigkeit sank, die Wirtschaftskraft stieg – zuletzt allerdings auch die Mordrate.

Im Ballungsraum der Hauptstadt Montevideo leben mit rund zwei Millionen Menschen über die Hälfte der Einwohner des Landes. Kaum verwunderlich erscheint da, dass sich das kulturelle Leben Uruguays vor allem dort abspielt. Montevideo gilt dabei als eine der sichersten Städte Lateinamerikas und laut diverser Studien als die südamerikanische Metropole mit der höchsten Lebensqualität. Neben zahlreichen Museen und historischen Bauwerken aus der Kolonialzeit beherbergt Montevideo mit dem Teatro Solís zudem die größte Landesbühne und das zweitgrößte Theater Südamerikas überhaupt. Generell ballt sich hier das Theaterleben: Theatermacher*innen und Dramatiker*innen wie Mariana Percovich, Marianella Morena, Roberto Suárez, Sergio Blanco, Gabriel Calderón und Santiago Sanguinetti sorgen für eine – gerade im Vergleich zur Einwohnerzahl – äußerst lebendige und ausdifferenzierte Theaterszene, die weit über die Grenzen des Landes strahlt.