Essay

Über die Kunst des Widerstands

von Jürgen Berger

In Südamerika brennen nicht nur die Wälder Amazoniens, sondern auch die Grundmauern von Staaten wie Chile, Venezuela, Bolivien, Ecuador und Brasilien. Für Oppositionelle, Minderheiten, Künstler und Theatermacher in diesen Ländern geht es um Demokratie oder Diktatur, Sein oder Nichtsein. In der Sonderreihe “Die Kunst des Widerstands” zeigt ¡Adelante! Theaterproduktionen aus Südamerika, die sich mit gesellschaftlichen Verwerfungen auseinandersetzen. Es sind Momentaufnahmen aus Ländern, die seit Oktober 2019 von einer Staatskrise in die nächste taumeln. Ausnahmen wie Uruguay bestätigen die Regel.

Interview

Autobiografisch, persönlich, dokumentarisch       

von Margarita Borja und Georg Kasch

Über 300 Inszenierungen müssen die Kurator*innen der zweiten ¡Adelante!-Ausgabe 2020 in Lateinamerika und Spanien in den vergangenen Jahren gesichtet haben, wenn man die Zahlen grob überschlägt. Wer macht denn so was? Wie schon 2017 waren das neben den künstlerischen Leitern Holger Schultze und dem Journalisten Jürgen Berger die beiden Kuratorinnen Ilona Goyeneche und Lene Grösch. Ein Gespräch über Auswahlkriterien, Regisseurinnen und Theater abseits der Metropolen.

Ilona, Lene, mit den Erfahrungen der ersten Festivalausgabe im Rücken: Habt Ihr diesmal anders geschaut, vielleicht auch gezielter gesucht?

Ilona Goyeneche: Eigentlich nicht. Aber wir waren uns schnell einig, dass wir diesmal auch auf andere Länder gucken wollten. Und zwar gerade auf solche, die sonst nicht so beachtet werden wie Venezuela, Bolivien und Ecuador.

Essay

Weibliche Theatralitäten: Körper und Widerstand in Lateinamerika

von Carlina Derks Bustamante

"Weil wir lebendig sein wollen
Wird uns niemand zum Schweigen bringen,
Hand in Hand in diesem Kampf
Werden wir uns erheben"
Yakutaqui während des indigenen Aufstands von Ecuador 2019

Im Rahmen des Widerstands, den wir gerade in verschiedenen Regionen Lateinamerikas erleben, sind wir Frauen von entscheidender Bedeutung, um die Debatten und Kämpfe zu verstehen, die sich in unsere Körper eingeschrieben haben. Die vielfältigen künstlerischen und kulturellen Strategien, die in Ecuador, Chile, Uruguay, Brasilien, Kolumbien, Venezuela und Haiti in politischen Aktionen auf der Straße, auf Plätzen und in Theatern entwickelt werden, mobilisieren Symbole und erwecken eine weibliche Stimme mit einem Geruch von Erde und Gemeinschaftsgeist zum Leben, die nach wie vor in unseren Herzen wie ein Schmerzensschrei widerhallt, aber auch von Freude, Rebellion und Hoffnung kündet.