Zwischen allen Koffern
von Leonard Haverkamp
Heidelberg, 5. Februar 2024. Das Reisen ist im Leben von Theaterschaffenden fester Bestandteil. Wenn der Grund für das Nomadentum die politischen und materiellen Verhältnisse im Heimatland sind und die Brücken heimwärts bröckeln, findet man sich im Exil wieder. In diesem Fall im Heidelberger Sprechzimmer in der Diskussion "Exil. Und was dann?" mit Bettina Sluzalek vom ITI Deutschland (Deutsches Zentrum des Internationalen Theaterinstituts), um über das Arbeiten und Leben in der Fremde zu sprechen.
Traditionell kompliziert ist das vor allem für die Theaterschaffenden aus Kuba, die hier gleich doppelt vertreten sind. Im Heimatland von Nelda Castillo und José Ramón Hernández müssen Stücke seit einiger Zeit durch ein staatliches Komitee abgesegnet werden; ein neues Gesetz drängt ihnen jetzt schon während des Produktionsprozesses einen Kontroletti auf – der Albtraum für alle Kunstschaffenden. Die Situation im Land ist unerträglich geworden, Wirtschaft, Gesundheits- und Bildungssystem nahezu inexistent. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, von der Kuba wirtschaftlich abhängig war, erholte man sich zunächst vom Wirtschaftsschock. Heute ist die Lage schlimmer denn je, das Nötigste kostet ein Vermögen, nur wer Dollar hat, hat auch Kaufkraft. Wer jung ist, verlässt das Land oder träumt zumindest davon; Bilder im Hintergrund der Diskutierenden erzählen davon, auf welch klapprigen Flößen sich die Menschen auf den Weg machen. "Ihre Energie vermissen wir", sagt Nelda Castillo, Regisseurin und künstlerische Leiterin des Theater El Ciervo Encantado. Die kubanische Theaterikone ist die Einzige in der Runde, die derzeit im Heimatland lebt.