Viel mehr als Machu Picchu

Das flächenmäßig drittgrößte Land Südamerikas hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Anziehungspunkt für Touristen aus aller Welt entwickelt – und längst sind nicht mehr nur die besonders Abenteuerlustigen darunter: Die vielfach unberührte Naturschönheit des Amazonasbeckens, die hochalpinen Verlockungen der Anden und die weltberühmten Hinterlassenschaften der Inka-Kultur mit der Ruinenstadt Machu Picchu haben Peru über einen Geheimtipp unter Südamerikareisenden hinauswachsen lassen. Auch die faszinierenden indigenen Kulturen, die auf dem Gebiet des Landes lebten, bis sie von den Inkas verdrängt wurden, haben ihre Spuren hinterlassen, wie die Nazcas mit ihren geheimnisvollen Linien oder die Carales mit ihrer heiligen Stadt, oder die Festung von Kuelap, die in der Vor-Inka-Zeit von der Chachapoyas-Kultur errichtet wurde.

Dabei war das 33-Millionen-Einwohner-Land an der Pazifikküste mit seiner Hauptstadt Lima eigentlich schon immer von besonderem Interesse, spiegeln sich doch an Perus langer Geschichte Glanz und Elend eines ganzen Kontinents wie kaum irgendwo sonst in Südamerika. Angefangen von der Vernichtung des mächtigen Inka-Reichs durch Francisco Pizarros spanische Konquistadoren, über die folgenreiche Niederlage im Salpeterkrieg gegen Chile im späten 19. Jahrhundert und bis hin zu den mehrfach wechselnden Militärjunten der 1960er- und 70er-Jahre und dem terroristischen Conflicto Interno Armado der 1980er Jahre: Peru ist von kaum einem der spezifisch südamerikanischen Traumata verschont geblieben.

Die indigene Bevölkerung Perus und andere weniger privilegierte Gruppen leben heute unter prekären Bedingungen. Drei Millionen Menschen haben keinen Zugang zu Trinkwasser in einem Land, in dem die Steuerhinterziehung sehr hoch ist: Nur einer von zehn Arbeitnehmern in Peru zahlt Steuern. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von prekären Arbeitsverhältnissen (wie Straßenverkäufer) bis hin zu Korruption oder Misstrauen gegenüber der Regierung, wie es bei den Eliten der Fall ist. Wie andere Länder der Region, z. B. Ecuador, hat Peru eine konfliktreiche politische Geschichte mit einer Reihe korrupter und unfähiger demokratisch gewählter Politiker hinter sich.

Und doch verblüfft Peru die Welt mit seinem touristischen, kulturellen, gastronomischen, historischen und künstlerischen Reichtum. Es ist dem Land nicht nur gelungen, das Erbe seiner Vorfahren zu bewahren, sondern sich zudem offen für die Einflüsse gezeigt, die die Migration mit sich brachte, etwa die der chinesischen und japanischen Einwanderer Mitte bzw. Ende des 19. Jahrhunderts. Die Verschmelzung der japanischen und peruanischen Küche ist heute eine der charakteristischen Kulinariken des Landes, die auch in die ganze Welt exportiert wird. Peru ist zudem die Heimat von weltbekannten Künstler*innen und Schriftsteller*innen wie dem Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa und der Filmregisseurin Claudia Llosa.