Pressespiegel zu "História do olho – um conto de fadas Porno-Noir"

’História do Olho - um conto de fadas pornô-noir’ stellt einen Wendepunkt im brasilianischen Theater da. Uraufgeführt beim koproduzierenden Internationalen Theaterfestival von São Paulo MITsp, verwandelte Janaína Leite Georges Batailles Buch in etwas Grandioses. Sie ergänzte den Text mit Autofiktionalem, traumgleichen Bildern, Fantasien, Liedern und der Feier einer freien Sexualität und nutzte die Lücken des Unbewussten, um das frei fließen zu lassen, was sich durch die bürgerliche Moral angestaut hatte. Seit “Festa de separação” hat sich Janaínas Werk wie ein Gebilde entwickelt, das den Todestrieb in Leben verwandelt und sich, wie sie selbst sagt, vom dokumentarischen Realen zum obszönen Realen bewegt. “História do Olho” ist das Ergebnis einer kontinuierlichen szenischen und intellektuellen Forschung, die sich auf die Komplexität von Autoren wie Jacques Lacan und Júlia Kristeva stützt. Dieses Märchen feiert das Leben, während neue Epistemologien von Sex und Kunst entstehen.

Ferdinando Martins

So wie ein künstlerisches Werk ein Punkt innerhalb einer Linie ist, die durch den kreativen Prozess gebildet wird, und in der Regel einen Endpunkt darstellt, so erzeugt auch die Abfolge von Werken eine weitere Linie, die den Weg eines Künstlers abbildet und zur Grundlage für die perspektivische Betrachtung wird. Die aus São Paulo stammende Schauspielerin, Regisseurin und Dramatikerin Janaína Leite hat auf diese Weise einen Weg künstlerischer Arbeiten eingeschlagen, deren intensiv recherchierte Themen oft radikal oder anzüglich klingen. Themen, über die man nicht offen spricht, oder ungewöhnliche Formen des Ausstellens stehen im Mittelpunkt ihres Werks. Ich sage das nicht, weil ich verhindern wollen würde, dass ein Betrachter, der ihre jüngsten Inszenierungen nicht gesehen hat, ihre Arbeit genießt. Sondern um zu betonen, wie deutlich die Beziehung zwischen ihren Werken ist, wie sie ineinander zu fließen scheinen und ein klar umrissenes Panorama der Themen bieten, mit denen sie sich auseinandersetzt.

Heloíza Sousa, Farofa Crítica

Dies ist ein ‘Märchen’, nicht weil es am Ende eine Moral vermittelt, sondern weil es sich an das Kindliche und polimorph Perverse in jedem Zuschauer wendet, an das, was wir hinter der dicken Firnis einer Pseudo-Zivilisation verdrängen (die Rückkehr des Verdrängten, die wir heute in Brasilien mit unerhörter Gewalt erleben, ist der beste Beweis dafür, dass der "Pseudo"- oder "Fake"-Charakter der besagten Zivilisation nicht ewig geleugnet werden kann). Fragen wie diese scheinen mir die treibende Kraft hinter Janaina Leites jüngsten Inszenierungen zu sein, angefangen bei “Stabat mater”, über ihre voyeuristischen Essays, das brillante “Camming 101 noites” (die beste Online-Arbeit, die ich während der Pandemie gesehen habe) bis hin zu ihrer “História do Olho”. Indem sie sich selbst, ihre Partner und ihr Publikum fragt: "Was ist eure Beziehung zur Pornografie?", lädt Janaina uns ein, die unendlichen Möglichkeiten unserer Körper genauer zu betrachten; die Existenz ästhetisch zu erleben, als wären wir in einem Theaterstück, ohne die Verpflichtung, eine klar festgelegte Figur zu spielen; und schließlich nur das zu skandalisieren, was in uns immer noch den entfremdeten (um nicht zu sagen heuchlerischen) moralischen Skandal dem Leben, der Freude, der Wahrheit vorziehen lässt - diesen vielen Töchtern der Begegnung mit dem Unbekannten.

Patrick Pessoa, Cadernos de Estética Aplicada

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